Warum vollautomatisierte AdWords-Tools nicht funktionieren

Christian Penseler PPC

Der Traum eines jeden Werbetreibenden und gleichzeitig das Verkaufsargument für viele Tool-Anbieter – Automatisierung. Doch wann immer etwas unschlagbar überzeugend klingt, läuten bei mir alle Alarmglocken.

Bevor es losgeht

Ich werde mit Absicht kein spezielles Tool nennen und entschuldige mich vorab für jeden inhaltlichen Bezug auf eines der Tools. Ich versuche einfach ganz gerecht mit allen gleichzeitig abzurechnen. 🙂

Was sind vollautomatisierte AdWords-Tools?

Es gibt natürlich sehr unterschiedliche Arten von Tools, die automatisch Aufgaben erledigen. Was ich in diesem Beitrag strikt voneinander trennen möchte, sind auf der einen Seite Tools, die tatsächlich operativ in AdWords eingreifen, wie bspw. Bid-Management Tools. Auf der anderen Seite gibt es Alerting- und Analyse-Tools, die nicht aktiv eingreifen, sondern nur Empfehlungen und Hinweise geben.

Was versprechen diese aktiv eingreifenden Tools?

Gank klar: Gewinn! Entweder werden unnötige Kosten eliminiert, Conversions und Umsätze gesteigert oder einfach wertvolle Zeit gespart. Sicher, eine Maschine, ein Algorithmus kann immer viel mehr Signale berücksichtigen, schneller (fehlerfreier) rechnen. Ein Computer arbeitet auch an Feiertagen und wird auch nie krank.

Wann entscheidet ein Algorithmus?

Nehmen wir hierfür einfach mal die Bid-Management Tools zur Hand. (Gesehen und getestet habe ich schon einige. Große sehr teure Tools bis hoch-wissenschaftlich arbeitende Tools, aber auch günstige Einsteiger-Varianten.
Im Grundprinzip arbeiten allerdings alle gleich: WENN DANN

Einfache Tools gehen beispielsweise so vor: Wenn Keyword CPO > 15,60€ DANN senke CPC um 5%

Komplexere Tools nehmen viel mehr Signale zur Hilfe: WENN Keyword CPO > 15,60€ UND in den letzen 7 Tagen keine Conversion UND in den letzen 7 Tagen keine vorbereiteten Conversion DANN senke CPC um 5%

Diese Darstellung wird den ausgereiften Tool sicher nicht gerecht. Dort sind die Wenn-Dann-Bedingungen noch viel komplexer und die Sales Manager lügen auch nicht bei der Aussage, dass tausende Signale zur Hilfe genommen werden. Auch beherrschen diese wissenschaftlich bewiesene Statistik-Theorien.

Warum geht dann doch alles schief?

Die meisten Erfahrungen mit Bid-Management Tools hören sich so oder so ähnlich an. Anfangs konnte das Tool sehr gute Ergebnisse erzielen. Auf längere Sicht sind uns einfach die Conversions eingebrochen.
Dabei haben diese Tools nur die Regeln befolgt, die vorher festgelegt wurden.

Liegt es also an falsch gesteckten Zielvorgaben? Ja, zum Teil. An ein Tool für manchmal 4-stellige Kosten im Monat werden natürlich auch Erwartungen gesteckt. Oft wird so ein Tool in einer Situation von Unzufriedenheit oder Überforderung eingesetzt. Dann erfolgt meist eine Ziel-CPO-Definition durch den Kunden. Oft wird hier aber ein Wunsch-CPO angegeben, der einfach Pi mal Daumen 5€ unter dem aktuellem CPO gesetzt wird. Die Kosten für das Tool müssen ja nun auch noch zusätzlich eingespielt werden.
So werden die Regeln zu aggressiv angesetzt. So als ob der Verkaufsleiter bestimmt: „Ab nächsten Monat müssen alle Verkäufer 10.000€ mehr Umsatz reinholen“. Und einfach alle Verkäufer kündigen.

Gehen wir also mal von der Situation aus, dass der schlaue Kunde die neuen Ziele realistisch setzt und die Regeln für das Tool nicht zu aggressiv gewählt werden. Dann wird das Tool langsamer optimieren. Der Langzeit-Effekt ist aber der gleiche: Das Tool wird CPCs senken und unnötige Kosten (irrelevanten Traffic) wegkürzen, und somit Kosten einsparen. Einige Conversions werden dabei natürlich auch verloren gehen, Conversions die vielleicht 200€ gekostet haben und somit sehr weit von rentabel entfernt sind.

Keines der Tools geht Kompromisse oder Risiken ein.
Keines der Tools hat Vertrauen oder Durchhaltevermögen.
Keines der Tools macht Fehler und lernt daraus.
Keines der Tools hat nachts bahnbrechende Ideen, die dann doch nicht funktionieren.
Keines der Tools kann einen Kunden über einen miesen Monat hinwegtrösten oder für neue Strategien motivieren.

Man sieht worauf es hinausläuft. Der Faktor Mensch geht bei dem Einsatz von automatischen Bid-Managern verloren.
Das ist keineswegs ein Ich-habe-Angst-das-Roboter-meinen-Job-stehlen-Beiträge. Ich bin eher ein Verfechter für neue Technologien und fest davon überzeugt, dass sie eines Tages den Menschen ersetzen können, aber davon sind wir im Bereich AdWords noch weit entfernt.

Eine weitere Ursache für die schlechten Ergebnisse nach längerem Einsatz von aktiv eingreifenden Tools ist der Faktor Zeit. Denn häufig verleitet der Einsatz von Tools zur Nachlässigkeit. Ich habe doch jetzt ein Tool, welches die Gebote in AdWords setzt. Jeden Morgen, Mittag und Abend. Da brauche ich doch nicht mehr so oft reinschauen.
Schon verliert man das Gefühl zum Konto, freut sich nicht mehr über gute Tage (war ja die Aufgabe des Tools), ärgert sich aber über schlechte Tage.

Fazit und Alternative

In Summe, habe ich noch kein Konto gesehen, Test erlebt oder Erfahrung gehört, bei der der langfristige Einsatz von vollautomatisierten Tools zum Erfolg geführt hat. Was tun? Meine Empfehlung ist ganz klar: So viele Tools nutzen wie möglich, aber keines was aktiv eingreift. Greift zu Tools die euch neue Einblicke und Analysen geben. Von diesen Analysen gewinnt man Erkenntnisse, die in neue Ideen und Strategien umgesetzt werden können. Ich versuche immer die guten Ergebnisse zu nutzen und auszubauen, nicht die schlechten bis in den Zahlen-Tod optimieren zu wollen.

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